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NFL Europa stellt Spielbetrieb nach 15 Saisons ein
Worüber immer mal wieder spekuliert wurde, ist vergangen Freitag nun Tatsache geworden: Die NFL gab bekannt, dass ihr europäischer Ableger NFL Europa den Spielbetrieb einstellt. Sie will sich inskünftig ganz auf ihre «International Series» mit regulären NFL-Spielen in Übersee konzentrieren.
«Zusammen mit dem Management der NFL Europa haben wir entschieden, dass die Einstellung des Spielbetriebs die beste Geschäftsentscheidung ist. Von nun an werden wir uns auf die regulären NFL-Saisonspiele konzentrieren und die neuen Technologien nutzen, um die NFL weltweit populärer zu machen», erklärte NFL-Commissioner Roger Goodell in einem Statement. «Wir danken unseren Fans für die tolle Unterstützung der NFL Europa im Laufe der vergangenen Jahre.» NFL Europa-Managing Director Uwe Bergheim zeigte sich seinerseits davon überzeugt, dass die NFL Europa einen wichtigen Beitrag zur Etablierung von American Football in Europa geleistet habe: «Durch die NFL Europa haben wir ein Fundament an Football-Fans in den wichtigen europäischen Märkten erhalten.»

Mit dem Verdikt der NFL nimmt eine 15jährige Geschichte – oder genauer gesagt eine 17jährige Geschichte – ihr Ende: Die NFL Europa nahm 1991 als «World League of American Football» (WLAF) ihren Spielbetrieb mit drei Teams in Europa (London, Barcelona, Frankfurt) und sechs Mannschaften in Nordamerika auf. Allerdings zeigte sich schnell, dass das Konzept mit einer Liga auf zwei Kontinenten nicht funktionierte, nicht etwa weil die Europäer zu wenig Enthusiasmus für «ihre» Teams entwickelten, sondern weil sich die WLAF-Teams in den USA keine Basis aufbauen konnten. Nach zwei Saisons wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt.

Das Comeback kam dann 1995: Die Liga wurde mit sechs Teams in Europa neu gestartet und entwickelte sich allmählich zur Ausbildungsliga, in der Nachwuchshoffnungen Spielpraxis erhielten. Zudem konnten erfahrene Spieler aus Europa ihr Talent auf höherem Niveau als der nationalen Meisterschaft zeigen. Die Idee funktionierte recht gut und die 1998 in «NFL Europe» umbenannte Liga, erhielt 1999 endgültig die notwendige Aufmerksamkeit auch in den USA, als nämlich Kurt Warner, ein Quarterback, der nur via den Umweg Europa in der NFL Unterschlupf fand, völlig überraschend die St. Louis Rams zum Super Bowl-Sieg führte.

Trotz dem sportlichen Erfolg häuften sich aber die wirtschaftlichen Probleme: Einige Teams, wie die Barcelona Dragons konnten sich keine eigene Fanbasis aufbauen, andere, wie die London Monarchs mussten aufgrund offener Stadionfragen immer wieder umziehen. Die NFL Europa entschied sich deshalb zu Beginn dieses Jahrzehnts sich voll und ganz auf den florierendsten Markt, Deutschland, zu beschränken und ersetzte Teams in Barcelona oder Edinburgh durch Teams in Köln oder Hamburg. Dies brachte zwar steigende Zuschauerzahlen, aber die strukturellen Defizite blieben: Die NFL-Besitzer verloren pro Jahr gegen 30 Millionen Dollar. Zwar gaben die NFL-Besitzer 2006 grünes Licht für einen Spielbetrieb bis 2011 – gleichzeitig wurde die Liga in «NFL Europa» umbenannt –, doch nun war die NFL offenbar nicht mehr bereit, die Defizite mitzutragen und stellte die Liga nach 15 Saisons ein.

Inwieweit kürzlich publik gemachte Pläne für einen regelmässigen Spielbetrieb mit NFL-Spielen in Europa – diskutiert wird eine Ausweitung der NFL-Saison auf 17 Spiele, wobei jede Woche, eine Partie ausserhalb der USA ausgetragen würde – auf die Entscheidung der NFL hat, muss zum jetzigen Zeitpunkt offen bleiben. Vorläufig bleibt den NFL-Fans in Europa immerhin die Aussicht auf jährlich bis zu zwei NFL-Regular Season Games in Europa: Die NFL hat von ihren Besitzern grünes Licht, jährlich bis zu zwei Spiele dieser «International Series» in Übersee austragen zu können. Los geht es am 28. Oktober im Wembley-Stadion in London mit der Partie zwischen den Miami Dolphins und den New York Giants.
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von Stefan Feldmann - 
Samstag, 30. Juni 2007