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Spygate: Affäre zu Ende – oder doch nicht?
Diese Woche war Spygate-Woche in der NFL: Am Dienstag traf sich NFL-Commissioner Roger Goodell mit Matt Walsh, einem vormaligen Video-Assistenten der New England Patriots. Neue Erkenntnis gab es gemäss Goodell nur wenige, er sieht die Affäre als erledigt an. Anders sieht es allerdings US-Senator Arlen Specter.
Die Spygate-Affäre zieht sich nun schon rund neun Monate hin: Aufgeflogen war die Spionage-Affäre im ersten Spiel der vergangenen Saison. Damals informierten die Coaches der New York Jets das im Giants Stadium anwesende NFL-Sicherheitspersonal, dass sie aus der Coaching-Zone der New England Patriots gefilmt würden. Die Vermutung lag nahe, dass die Patriots die Handzeichen filmten, mit welchen die Defensive Coaches den nächsten Spielzug an die Spieler auf dem Feld signalisieren. Die Kamera wurde von der NFL konfisziert und die Analyse bestätigte den Verdacht. Da das Filmen der gegnerischen Coaches durch gegnerische Teams aber gemäss den NFL-Regeln verboten ist, sprach Roger Goodell kurz darauf drastische Strafen aus: Head Coach Bill Belichick wurde mit 500'000 Dollar gebüsst, das Team mit 250'000 Dollar und dem Verlust des Erstrunden-Picks im diesjährigen Draft.

Damit schien die Sache erledigt, zumal Head Coach Bill Belichick die Verantwortung für das Tun übernahm. Er sei davon ausgegangen, dass das Filmen von Videosignalen erlaubt sei, solange die gewonnen Erkenntnisse nicht im gleichen Spiel verwendet würden. «Meine Interpretation der Video-Regeln war offenbar falsch. Dafür übernehme ich die volle Verantwortung und entschuldige mich dafür.» In der Woche vor der Super Bowl tauchten dann aber erste Gerüchte auf, die Patriots hätten bereits früher mit versteckter Kamera gearbeitet. Insbesondere sollen sie das Abschlusstraining der St. Louis Rams vor der Super Bowl XXXVI im Superdome in New Orleans gefilmt haben.

Damit rückte Matt Walsh, ein ehemaliger Patriots-Video-Assistent in den Mittelpunkt des Interesses. Dieser übergab schliesslich vergangene Woche der NFL sechs weitere Video-Bänder und traf sich diesen Dienstag mit Commissioner Roger Goodell. Dieser zeigte anschliessend an einer Medienorientierung die Bänder, welche von überraschend schlechter Qualität sind. Zwar zeigen sie mehrmals gegnerische Defense-Coaches, wie sie Spielzüge signalisieren, darüber hinaus aber auch verwackelte Bilder von Fans und Cheerleaders. Unklar ist, ob und in welchem Umfang die Patriots wirklich von den so gewonnen Informationen profitieren konnten.

Auch bezüglich dem Super Bowl-Abschlusstrainings der Rams gab es neue Ergebnis: Walsh verneinte, dass er das Abschlusstraining gefilmt habe oder dass er Kenntnis davon habe, dass jemand anderes aus dem Patriots-Stab das Training auf Video gebannt habe. Allerdings, so gestand er ein, habe er das Abschlusstraining mitverfolgen können. Das Überraschende dabei: Er habe dabei Patriots-Kleider getragen, sei aber von keinem Ordner weggewiesen worden. Sollte dem tatsächlich so sein, würde dies eher gegen die Rams als die Patriots sprechen: Wieso führen diese das Abschlusstraining durch, wenn erkennbar ein «Spion» des Gegners anwesend ist?

Gemäss Roger Goodell brachte das Gespräch mit Matt Walsh keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse, eine weitere Bestrafung der Patriots oder ihres Head Coaches sei «nicht angezeigt». Die meisten NFL-Beobachter gehen mit der Einschätzung einig, dass der Fall nun abgeschlossen sein.

Allerdings sieht dies Arlen Specter anders: Der US-Senator aus Pennsylvania, der die NFL schon früher für ihr Vorgehen in dieser Affäre kritisiert hat, traf sich ebenfalls mit Matt Walsh. An einer Medienorientierung ging er anschliessend erneut mit der NFL hart ins Gericht und kritisierte vor allem, dass die Liga nach Abschluss ihrer ursprünglichen Untersuchung des Vorfalls im Jets-Spiel das entsprechende Video-Band zerstört hatte. «Das ist absolut unverständlich. Auf mich macht es den Eindruck, als habe die NFL etwas zu verheimlichen.» Specter erinnerte daran, dass die NFL eine Vorbildfunktion für die amerikanische Jugend habe und forderte eine unabhängige Untersuchung. Ob er, was er als Mitglied des Justizausschusses des Senates tun könnte, Hearings anordnen werde, wenn die NFL seiner Forderung nicht nachkommen sollte, liess Specter vorläufig offen.
Matt Walsh
Matt Walsh
Roger Goodell
Roger Goodell
Arlen Specter
Arlen Specter
von Igor Holzheu - 
Donnerstag, 15. Mai 2008