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San Diego
Dicke Luft zwischen Chargers und Erstrunden-Pick Joey Bosa
Die Saison 2016 ist nur noch zwei Wochen entfernt, doch eines der 32 NFL-Teams hat seinen aktuellen Erstrunden-Draft-Pick noch immer nicht unter Vertrag: Die San Diego Chargers warten immer noch auf die Einigung mit Joey Bosa. Und inzwischen herrscht richtig dicke Luft zwischen beiden Seiten.
Es gab Zeiten, da waren Holdouts hochgedrafteter Rookie-Spieler in der NFL fast der Normalzustand, konnten diese doch in jenen Tagen die Konditionen ihrer Verträge völlig frei aushandeln und mit einem Holdout den Preis in die Höhe schrauben. Sam Bradford etwa, das letzte «Millionen-Dollar-Baby» erhielt 2010 von den St. Louis Rams einen Sechsjahres-Vertrag über 78 Millionen Dollar, davon 50 Millionen in garantierter Form. Seit dem 2011 abgeschlossenen neuen Gesamtarbeitsvertrag zwischen der NFL und der Spielergewerkschaft NFLPA ist alles anders: Für Rookies gibt es nun eine vorgegebene Salärskala, verhandelbar sind nur noch wenige, technische Details. Seither ist die Zahl von Rookie-Holdouts praktisch auf Null gesunken.

Dass man sich aber auch ob der kleinen, technischen Details zerstreiten kann, beweisen nun die San Diego Chargers und Defensive End Joey Bosa, den das Team Ende April in der ersten Runde mit dem dritten Pick verpflichtet hat. Gestritten wird über die Zahlung des Signing Bonus und die «Anrechnungsklausel». Bezüglich Singing Bonus sind gemäss Skala 17 Millionen Dollar fällig, die im ersten Vertragsjahr ausgerichtet werden müssen. Das NFL-Jahr läuft bekanntermassen über das Kalenderjahr bis Anfang März hinaus und die Chargers möchten 2,5 der 17 Millionen erst nächstes Jahr zahlen. Joey Bosa hingegen will den ganzen Bonus bei Vertragsunterzeichnung. Die «Anrechnungsklausel» wiederum schützt ein Team finanziell bei der Entlassung eines Spielers. Sollte sich dieser mit einem anderen Team auf einen neuen Vertrag einigen, würde das neue Salär an noch fällige Zahlungen des alten Teams angerechnet: Es müsste nur noch die Differenz zwischen altem und neuem Honorar bezahlen. Die Chargers wollen diese Klausel und verweisen darauf, dass 29 der übrigen 31 Erstrunden-Draft-Pick ebenfalls eine solche in ihrem Vertrag stehen haben. Bosa wiederum lehnt eine solche Klausel ab.

Im Verlaufe dieser Woche ist der Streit zwischen Team und Spieler nun eskaliert, nachdem die Chargers ihre letzte Offerte, die von Bosas Agenten abgelehnt worden ist, am Mittwoch offiziell vom Tisch genommen haben. «Ich bin tief enttäuscht», sagte John Spanos, Mitglied der Besitzer-Familie, in einem Interview mit der «San Diego Union-Tribune». «Wir sind an die Grenze des Möglichen gegangen, aber die Gegenseite beharrt auf absolut nicht nachvollziehbaren Positionen. Es ist eine Eselei.» Das wiederum wollte dann Bosas Agent nicht auf sich sitzen lassen und gab ein Statement für die Medien heraus: «Die Chargers haben unsere Standpunkte nie ernstgenommen. Anfang August haben sie während 14 Tagen nicht auf Vorschläge von uns reagiert. Das kann man kaum Verhandlungen nennen. Wir werden auch weiterhin für den bestmöglichen Vertrag für unseren Klienten kämpfen.»

Wie der Streit zwischen den San Diego Chargers und ihrem Top-Rookie ausgeht, ist zur Zeit offen. Grundsätzlich sitzen die Chargers am längeren Hebel. Zwar könnte Joey Bosa theoretisch die Saison aussetzen, wodurch ihm aber Millionen entgehen. Durch das Aussetzen der Saison würden aber immerhin die Rechte der Chargers an Bosa verfallen und der Defensive End könnte im Draft 2017 von einem anderen Team verpflichtet werden. Aber auch diese Rechnung geht für Joey Bosa kaum auf, denn wird er nicht wiederum mindestens an dritter Stelle gedraftet, verliert er durch die vorgegebene Rookie-Salär-Skala weiteres Geld. Und dass Bosa im nächsten Draft nach dem Verhandlungsdrama mit den Chargers von einem anderen Team so hoch gedraftet wird, ist eher fraglich, will sich doch kein NFL-Besitzer das gleiche Drama einhandeln. Die meisten Experten gehen deshalb davon aus, dass sich die beiden Seiten doch noch einigen werden. Die Frage ist nur wann und wie sich der Holdout auf Bosas Leistung in seiner ersten NFL-Saison auswirken wird.
Joey Bosa
Joey Bosa
von Stefan Feldmann - 
Donnerstag, 25. August 2016