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Legends - Games
1968 - N.Y. Jets 16, Baltimore 7
The Guarantee
Als Spiel war Super Bowl III nicht grossartig, ja es war reichlich unspektakulär. Kaum grosse Spielzüge und nur wenig Spannung, als ein Team das andere klar dominierte. Aber als Ereignis, als Wendepunkt in der jüngeren Geschichte des American Footballs ist Super Bowl III ohne Beispiel. Es war die Emanzipationserklärung der Underdogs aus der AFL. Und es war der Höhepunkt einer herausragenden Quarterback-Karriere. Aber vor allem war es die Geburtsstunde einer Legende.
Es ist unmöglich, an Super Bowl III zu denken und dabei nicht das Bild Joe Namaths, des charismatischen Quarterbacks der New York Jets, vor Augen zu haben, wie er nach geschlagener Schlacht das Stadion verlässt, den Zeigfinger gen Himmel gestreckt. Namath war unbestritten die Leader-Figur der American Football League (AFL), der noch jungen NFL-Konkurrenzliga. «Broadway Joe», ein extravaganter und charismatischer Spieler, der auf dem Spielfeld herausragende Leistungen bot, und dennoch das Nachtleben New Yorks genoss. Ein Spieler auch, der gerne provozierte, den Mund auch mal ein wenig voll nahm – und am Ende meistens Wort hielt. So auch vor der Super Bowl III, als er bei einem Essen in Miami Springs gegenüber den Medien erklärte: «Wir werden am Sonntag gewinnen. Ich garantiere es!»

Namaths Statement machte Schlagzeilen und viele fragten sich, ob er seine Aussage wohl ernst gemeint habe. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Super Bowls eine klare Angelegenheit für die NFL: Vince Lombardis Green Bay Packers hatten die ersten beiden Spiele klar für sich entschieden. Und bei der dritten Austragung erwartete niemand eine Änderung: Die von Don Shula trainierten Baltimore Colts hatten ihre Saison mit 13 Siegen und nur einer Niederlage beendet und dabei die Opponenten reihenweise deutlich besiegt, zuletzt im NFL Championship Game die Cleveland Browns mit 34:0 Punkten. Die Buchmacher sahen die Colts mit 18 Punkten Vorsprung als Sieger.

Und auch die Anhänger der Baltimore Colts gab sich siegessicher. «Ich vergesse nie, wie mich Carroll Rosenbloom, der Besitzer der Colts, bereits vor dem Spiel zur geplanten Siegesparty einlud», erinnerte sich Jets-Head Coach Weeb Ewbank Jahre später. «Ich sagte ihm, dass ich die Einladung sehr schätze, ich aber hoffe, nach dem Spiel meine eigenen Siegesparty geben zu können.»

Obwohl ihre Ansicht von kaum jemandem geteilt wurde, die meisten Spieler der New York Jets waren siegessicher. Nach ausführlichem Filmstudium waren sie zur Überzeugung gelangt, dass einigen Colts-Spieler die Schnelligkeit fehlte, vor allem in der Defense Line und bei den Cornerbacks. Und die Zuversicht der Jets stieg während des Spiels, liessen doch die Colts in der ersten Halbzeit diverse Chancen ungenutzt: Zuerst verschoss Kicker Lou Michaels ein 27 Yards-Field Goal, dann liess Wide Receiver Willie Richardson einen sicheren Touchdown-Pass durch seine Hände gleiten und schliesslich übersah Colts-Quarterback Earl Morrall – der NFL-Spieler des Jahres – kurz vor Halbzeit den ungedeckten Wide Receiver Jimmy Orr in der Endzone, warf stattdessen einen kurzen Pass, welcher von Defensive Back Jim Hudson abgefangen wurde. Zur Halbzeit führten die Jets dank eines methodischen 80 Yards-Drives, welcher von Fullback Matt Snell mit einem 4 Yards-Lauf abgeschlossen wurde mit 7:0.

Die Offense der Jets funktionierte auf beeindruckend effiziente Weise. Namaths Zahlen waren zwar nur durchschnittlich – er brachte 17 seiner 28 Pässe für 206 Yards an –, aber er spielte im Gegensatz zu seinem Gegenüber Morrall fehlerfrei. Namaths Audibles an der Line of Scrimmage hielt die Colts-Defense den ganzen Abend auf Trab. Er setzte seinen Star-Wide Receiver Don Maynard immer wieder als Köder ein, nur um dann zu George Sauer, seinem anderen Wide Receiver, zu passen oder Matt Snell den Ball tragen zu lassen.

Zu Beginn des letzten Viertels erzielte Kicker Jim Turner sein drittes Field Goal und erhöhte den Vorsprung der Jets auf 16:0. Aber Don Shula versuchte das Spiel noch umzukehren: Earl Morrall wurde durch die Colts-Legende Johnny Unitas ersetzt, welcher den grössten Teil der Saison wegen einer Ellbogenverletzung verpasst hatte. Unitas führte die Colts auch prompt zu einem Touchdown. Aber es war zu wenig und vor allem zu spät: Der klare Aussenseiter siegte mit 16:7.

Der Sieg des Jets brachte der von den NFL-Gewaltigen oft mit einem leichten Nasenrümpfen bedachten AFL die Gleichberechtigung. Als NFL-Commissioner Pete Rozelle die Umkleidekabine der Jets betrat, um ihnen zu gratulieren, brüllte ihm Kicker Jim Turner entgegen: «Hey, Pete, willkommen in der AFL!» Die bereits beschlossene Fusion von NFL und AFL erhielt durch den Sieg der Jets seine volle Legitimität.

«Am nächsten Tag reisten wir zum AFL All-Star Game nach Jacksonville», erinnert sich Jim Turner heute. «Dort trafen wir auf die anderen Spieler unserer Liga. Viele hatten Tränen in den Augen. Wir alle wussten, was der Sieg für uns alle bedeutete. Auch ohne etwas zu sagen.»

New York Jets
16
0
7
6
3
Baltimore Colts
7
0
0
0
7

NYJ – TD – Snell 4 Yards-Lauf (Extrapunkt Turner)
NYJ – FG – Turner 32 Yards
NYJ – FG – Turner 30 Yards
NYJ – FG – Turner 9 Yards
BCO – TD – Hill 1 Yard-Lauf (Extrapunkt Michaels)
Joe Namath
Joe Namath
Matt Snell
Matt Snell
Weeb Ewbank
Weeb Ewbank
Earl Morrall
Earl Morrall
Don Shula
Don Shula
von Stefan Feldmann - 
Montag, 11. Februar 2013