www.bigplay.ch
Suchen
Legends - Games
1988 - San Francisco 20, Cincinnati 16
The Montana Drive
Fünf Super Bowls haben die San Francisco 49ers gewonnen, doch keiner von ihnen war so umkämpft wie Super Bowl XXIII gegen die Cincinnati Bengals. Der Underdog aus Ohio brachte das Star-Ensemble der 49ers an den Rand der Niederlage. Doch wahre Grösse zeigt sich in solchen Situationen: Quarterback Joe Montana führte sein Team am Ende zum Sieg übers Feld. Der «Montana-Drive» mag zwar nicht ganz so spektakulär gewesen sein, wie derjenige von John Elway. Seine Bedeutung bezieht er aber aus dem Resultat: dem Sieg in der Super Bowl.
Die NFL-Saison 1988 war keine besonders herausragende für die San Francisco 49ers: Nach elf Runden hatten sie sechs Spiele gewonnen und fünf verloren, und Head Coach Bill Walsh dachte öffentlich darüber nach, Quarterback Joe Montana durch Backup Steve Young zu ersetzen. Doch Montana behielt seinen Job und führte die 49ers am Ende doch noch in die Super Bowl.

In den Cincinnati Bengals sahen sich die 49ers einer Herausforderung gegenüber, wie noch in keiner Super Bowl zuvor. Head Coach Sam Wyche hatte unter Walsh gespielt und war später einer seiner Assistenten gewesen, er kannte das Spielsystem der 49ers in- und auswendig. In der Offense setzten die Bengals auf eine No-Huddle-Offense rund um Quarterback Boomer Esiason und ihrem sensationellen Rookie-Running Back Ickey Woods, der seine Touchdowns jeweils mit dem berühmt gewordenen «Ickey-Shuffle» zu feiern pflegte.

Doch die Super Bowl XXIII entwickelte sich zu Beginn überraschend zur Abwehrschlacht: Zur Halbzeit stand es 3:3 und spät im dritten Viertel 6:6, bevor Cincinnatis Running Back Stanford Jennings einen Kickoff Return-Touchdown erzielte. Die 49ers antworteten im vierten Quarter und glichen mit einem Touchdown-Pass von Joe Montana zu Wide Receiver Jerry Rice aus. Doch der Aussenseiter aus Cincinnati legte noch einmal vor: Mit 3 Minuten und 20 Sekunden auf der Uhr erzielte Kicker Jim Breech sein drittes Field Goal und die Bengals lagen mit 16:13 Punkten in Führung.

Nach einer Strafe beim Kickoff mussten die 49ers ihren letzten Drive an der eigenen 8 Yard-Linie beginnen. Die Bengals jubelten an der Seitenlinie: «Wir haben sie.» Doch der erfahrene Bengals-Wide Receiver Cris Collinsworth fragte seine jubelnden Kollegen trocken: «Habt ihr Nummer 16 im Huddle gesehen?» «Ja», antworteten seine Teamkollegen. «Dann jubelt nicht so, dann haben wir sie noch nicht», meinte der Veteran kurz angebunden.

Nummer 16 war 49ers-Quarterback Joe Montana und der war nun gefordert, musste eines seiner berühmten Comebacks zaubern – wie 1978 in der Cotton Bowl für Notre Dame oder 1981 im NFC Championship Game gegen Dallas, welches mit Dwight Clarks berühmten Passfang endete. Montana begann den entscheidenden Drive vorsichtig mit kurzen Pässen zu Running Back Roger Craig für 9 Yards, zu Tight End John Frank für 7 Yards und zu Wide Receiver Jerry Rice für weitere 7 Yards. Nach zwei Läufen über Craig folgten schliesslich Pässe zu Rice für 17 und zu Craig für 13 Yards – und der Ball lag an der 35 Yard-Linie der Bengals.

An dieser Stelle hätte der Montana-Drive beinahe ein abruptes Ende genommen: Während der Quarterback seine Leute dirigierte, erfasste ihn ein plötzliches Unwohlsein. «Die Sicht wurde mit einem mal verschwommen», erinnerte sich Montana später. Der folgende Pass zu Rice war denn auch zu ungenau. Montana erholte sich schnell, doch die 49ers handelten sich eine weitere Strafe ein, welche sie 10 Yards zurückwarf. In dieser schwierigen Situation fand Montana mit einem 27 Yards-Pass den von drei Verteidigern umringten Jerry Rice für ein neues First Down. Anschliessend passte Montana für weitere 8 Yards zu Roger Craig und nahm, 10 Yards vor der Endzone und 39 Sekunden vor Schluss, ein Timeout.

Wohl jeder Zuschauer im Stadion erwartete nun einen Pass zu Jerry Rice, welcher sich sechs Tage vor dem Spiel im Training den Fuss verstaucht und drei Tage lang nicht hatte trainieren können. Die Verletzung schien ihn aber im Spiel nicht zu behindern, fing er doch 11 Pässe für 215 Yards und wurde zum wertvollsten Spieler der Super Bowl gewählt.

Wie wichtig aber auch Montana in dieser Super Bowl war, sollte er endgültig beim nächsten, entscheidenden Spielzug zeigen: Head Coach Bill Walsh hatte – da ja alle mit einem Pass zu Rice rechneten – einen Pass zu Running Back Roger Craig ausgegeben, doch dieser war von den Verteidigern gut abgedeckt. Kurz entschlossen feuerte Montana einen Pass zu Wide Receiver John Taylor, welcher am hinteren Ende der Endzone stand – es war Taylors erster Fang des Tages, doch er brachte 34 Sekunden vor dem Ende des Spiels den Sieg für das Team aus San Francisco.

49ers-Guard Randy Cross erinnerte sich später: «Wir standen im Huddle, 92 Yards vor uns. Aber wir wussten, selbst wenn wir Montana übers ganze Spielfeld tragen müssten, wir würden diesen Touchdown bekommen.» Doch wie immer war die Situation umgekehrt: Montana trug mit seinem meisterhaften Drive ein ganzes Team übers Spielfeld, zum dritten Super Bowl-Triumph in seiner Karriere.

Cincinnati Bengals
16
0
3
10
3
San Francisco 49ers
20
3
0
3
14

SF – FG – Cofer 41 Yards
CIN – FG – Breech 34 Yards
CIN – FG – Breech 43 Yards
SF – FG – Cofer 32 Yards
CIN – TD – Jennings 93 Yards-Kickoff Return (Extrapunkt Breech)
SF – TD – Rice 14 Yards-Pass von Montana (Extrapunkt Cofer)
CIN – FG – Breech 40 Yards
SF – TD – Taylor 10 Yards-Pass von Montana (Extrapunkt Cofer)
Joe Montana
Joe Montana
John Taylor
John Taylor
Jerry Rice
Jerry Rice
Boomer Esiason
Boomer Esiason
Ickey Woods
Ickey Woods
von Stefan Feldmann - 
Sonntag, 31. Januar 2010